Sunday, September 24, 2006

Jackson der Mitarbeiter und Community leader aus Makete schreibt:

Endlich können wir wieder kommunizieren. Ich werde nicht viel schreiben heute weil ich nach Iniho zu Fuss gehen muss (ca. 10 km)
Ich versuche PIUMA zu organiseren, die um jeden Preis den Premier Minister treffen müssen. Morgen werden wir den Bezirkshauptmann sprechen und Kabuyu wird die Delegation anführen, wir werden 5 sein: Kabuyu, ich, Isack, Alvina und Josephat. Josephat ist ein anderer neuer Kämpfer in der Gruppe, der sehr stark und hingebungsvoll ist, er kann gut und in einer einfachen Sprache sprechen und viele mögen ihn in der Gruppe und in den Dörfern, wo wir letzte Woche 3 Treffen hatten und ungefähr 400 Menschen teilgenommen haben.

Wenn Du mit korrupten Menschen in einer korrupten Regierung arbeitest, dann hast Du drei Alternativen:

1. Besteche sie und Du wirst sie auf Deiner Seite haben und Du wirst einer von ihnen werden, ABER Du wirst die Bedürftigen und die ganze Gesellschaft schädigen.
2. Mache, dass sie Dich fürchten, das braucht Zeit und Du musst sehr viel investieren, auch um all die Fakten zu untersuchen und Du musst sehr courragiert und stark werden.
3. Ignoriere sie und lass sie machen und akzeptiere alles, auch wenn sie Deinen Weg blockieren auch wenn Du recht hast.

Ich habe mich entschlossen, den Weg Nummer 2 einzuschlagen!

Meine Rückkehr aus Toronto (von der AIDS Konferenz) hat mich zu einem neuen Menschen gemacht, der mich manchmal sogar in Konflikt mit meinen Kollegen hier bringt, weil ich mit jedem hier, der sich in unseren Weg stellt, zu streiten beginne (ich meine nicht meine Kollegen). Ich spreche hier vom Krankenhaus Personal im BLH, dem Distrikt Medical Officer, dem Bezirkshauptmann. Einmal war ich auf der Polizei um eine Genehmigung für ein öffentliches Meeting zu erhalten und ich wurde schon ärgerlich und impulsiv, als ich die Polizisten sah.

Morgen in der Office des Distrikts - möge der Herr meine Zunge und meine Emotionen - kontrollieren, ich habe genug von ihren Lügen, ihrem Stehlen und ihren Betrügereien. Ich habe dem Bezirkshauptmann am Telefon gesagt, das wir das sogenannte Protokoll brechen werden, wenn es uns nicht erlaubt wird, mit dem Premierminister zu sprechen.
Er versprach mit dem Regional Commissioner (höchster Landesbeamter) zu sprechen und am Montag mit uns in seinem Büro weiterzudiskutieren. Ich denke, er ist okay (er wurde eben erst bestellt) aber seine Untergebenen, wie Martin Gowele (Distrikts AIDS Koordiantor und bekannter Spezialist im Abstauben der Global Fund Gleder, Anm) versuchen uns vom Geschehen fern zu halten, um die Wahrheit hinter ihren Taten zu verbergen!"

Ich denke, dass ich Jackson nach Toronto eingeladen habe war gut, er wurde noch kämpferischer, zorninger und klüger - er erklärt den Menschen ihre Rechte und Möglichkeiten (manchmal hat er keine Zeit das auch anderen mitzuteilen - den Freiwilligen aus Europa, den Partern in Österreich und Kanada - was auch oft verschiedene Eindrücke hervorbringt) und ich kann mich gut erinnern, wie er mir gesagt hat, dass es ihn sehr bewegt habe, als ich einmal bei einem Vortrag in Makete sagte, wir könnten alle Mensche im Distrikt behandeln (bis zu 20.000) und keiner müsse an AIDS sterben. Wie Vicky, Rayben, Betty, die PIUMA Mitglieder hat auch Jackson viele Verwandte verloren - an AIDS. Und Jackson hat wie diese Menschen das Herz am rechten Fleck und will und wird tun und kämpfen das Ziel der Behandlung aller zu erreichen! Ich denke, wenn die Betroffenen den Weg so sehen, die sehr genau die Strukturen und die Korruption in ihrem Land kennen, dann ist das okay.
Jackson war Studentenführer, Vicky leitet das BBC Büro in Dar es Slaam und berichtet schon seit 15 Jahren über ihr Land und Afrika, Muhingo ist Chefredakteur einer großen Zeitung und hat den neuen Präsidenten im Wahlkampf beraten - er unterstützt noch immer einige Kinder aus Makete aus eigener Tasche (nur weiß es keiner, das Mädchen aus dem ORF Film , das über den Tod ihrer Mutter sprach hat ihr Haus von ihm repariert bekommen - er mag das aber nicht, dass man/frau darüber spricht - ich tu es jetzt trotzdem) , Rayben ist Steuerberater und kennt sich mit den Gesetzen ganz genau aus und arbeitet seit 2 Jahren an der Entwicklung unseres Programmes mit. Alle sind sie gebildet und wütend und wollen ihr Land verändern.
Dass viele Missionare und Experten in NGOs noch immer davon reden, dass das eben Afrika sei (Korruption und so...) und dass man um "gute Programme zu machen" eben eine vorsichtige Sprache wählen müsste und einiges an Geld für Korruption einplanen müsste, das fällt wohl eher unter die Sparte: Feigheit, Festhalten an der eigenen Macht und wenig Auseinandersetzung mit der Gesellschaft in Tanzania, wenn sie zum Beispiel ausserhalb der gewohnten kirchlichen Welt stattfindet - totale Gesprächsverweigerung; aber das ist ja nicht untypisch für Glaubensgemeinschaften.

Ich finde die Einstellung "der Missionen" und vieler NGOs "sich nicht einzumischen" zunehmend zum Kotzen (Manchmal komme ich sogar in Versuchung sie systemische Mörder zu nennen - unwissend vielleicht, aber trotzdem schuldig - der Diskussion verweigern sie sich jedenfalls) , wenn sie zugleich korrupte Beamte und Kirchefürsten, lokale NGOs und Regierungen dadurch unterstützen, dass die alle "Partner" sind (nicht die verarmet Zielgruppe sind Partner, nein, die reichen Eliten in Kirche und Staat, sic!) , gut bezahlt oder Zugang zu den Spendengeldern haben (und sei es, sie sitzen als Teilnehmer auf hochbezahlten Seminaren, wo seit Jahren das Gleiche vorgekaut wird und später nicht umgesetzt wird).
Wenn ICH in Europa was lernen will, dann muss ich dafür bezahlen - ein OP Kurs in Österreich 1.000 Euro für 5 Tage - , in Tanzania kriegt man "sitting allowances", sehr spannend! Die WHO und andere zahlen 30 - 50 Dollar am Tag, ihre Vortragenden und Experten kriegen dann ein paar tausend am Tag und Business Class Flüge. Das Gleiche tun sie mit Journalisten - 50 Dollar für Teilnahme an der Pressekonferenz, was werden die dann über die "segensreiche" Arbeit ider WHO und UNO wohl schreiben... Kritisches? Wäre aber vielleicht manchmal notwendig.

Wenn V. dann mit kritischem und den Hintergründen über die bewiesenen Diebstähle in der Kirche in Makete eine BBC Reportage macht, dann wird sie denunziert, wenn M. eine Minister kritisiert, der eine Strasse umleitet und abkassiert, dann zerrt ihn dieser vor Gericht und sagt er bedrohe sein Leben. Das Gleiche ist passiert, als er schon vor zwei Jahren über den Missbrauch von Geldern durch TACAIDS berichtet hat. Ich denke was diese Menschen im Augenblick tun ist wichtig, um wieder und besser behandeln zu können!

Auch in Afrika ändern sich die Dinge, auch wenn es viel nicht wahrhaben wollen. Es kann auch sein dass ein Präsident solche Journalisten anruft und sich erkundigt, freundlich erkundigt. Muss nicht sein, aber kann passieren.

Andererseits, wie arm und verzweifelt sind jene in der lokalen Kirche und Politik, in der internationalen Geschäftswelt (wie die Firma Becton and Dickinson), die noch immer Profit aus dem Leiden ihrer Brüder und Schwestern schlagen?

Ein Verwandter des Bischofs und seine Frau sind seit langem sehr krank, er geht nicht zum HIV Test, warum nicht, könnte doch sein und man könnte ihm dann das Leben retten... falls es HIV ist.
Die Leiterin einer Abteilung der Diözese, ist seit langem sehr krank und immer wieder in Spitälern weit entfernt, es wird herumerzählt sie habe Krebs. Warum gehen diese Menschen nicht in das Krankenhaus in Bulongwa, Bischof lässt sich auch lieber in Arusha oder USA behandeln!

Und wir reden darüber ob es klug ist, zu kämpfen, zu protestieren statt zu behandeln (wie wenn das ein Gegensatz wäre?). Wir müssen kämpfen, um zurückzukehren, umzukehren, damit auch die Habenichtse die beste Versorgung möglich bekommen und möglich ist viel, viel mehr als man/frau (obwohl die das meist eher denket - frau mein ich) denkt. Das haben wir im letzten Jahr schon bewiesen.

Klar, wir waren nicht die Ersten, wir tun wieder was unsere Freunde in Thailand (Dr. Philipe zum Beispiel) Ärzte ohne Grenzen, Paul Farmer in Haiti, und viele Projekte in der ganzen Welt gezeigt haben und zeigen - an AIDS muss man nicht sterben, auch wenn man arm ist. Ausser die Korruption und die Diebe von Spendengeldern stehen dazwischen.

Wieviele Autos, die mit Bischöfen und Krankenhausdirektoren tausende Kilometer zurücklegen - wozu? - könnten dazu verwendet werden, Kranke zu transportieren, Schwangere ins Krankenhaus zu bringen, Tests und Beratung in die Dörfer zu bringen - Therapie möglich zu machen, weil eben nicht mehr 70 km zu Fuss gegangen werden muss!

Wäre es nicht die edelste Pflicht eines religiösen Führeres zu dienen, den Armen zu dienen. "Lass Dein Schwert stecken Martin und gibt mir den Mantel, aber den Ganzen!"

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