Saturday, June 28, 2008

http://www.hr-online.de/website/radio/hr-info/index.jsp?rubrik=21024&key=standard_teaser_34582570&mediakey=radio/hr-info/thema/20080627_tt_Tansania&type=a

Unter dem obigen Link erweckt OKR Martin - Mitarbeiter der Bayrischen Evangelischen Kirche - im Radiointerview den Anschein, dass der Fall von Unterschlagung und Diebstahl von Spendengeldern in der Tansanischen Kirche nur das Bulongwa Krankenhaus betrifft.

(Diese "Einzelfallthese" wird in diesem Fall auch von Transparency International bemüht - TI macht mit den betroffenen Werken seit einigen Wochen immer wieder Seminare zur "Korruptionsproblematik" in der kirchlichen EZA, was meiner Meinung nach von den wahren Problemen ablenkt. Von Diebstählen, Menschenrechtsverletzungen, von den unter der Willkür gestorbenen und leidenden Afrikanern, der fehlenden Rechenschaftslegung, dem völligen Fehlen von Transparenz und der unrichtigen und falschen Information der Spender und den kausalen Zusammenhängen und folgenden Verantwortlichkeiten der Geber aus dem Norden, wird dort nicht sehr viel gesprochen).

Es ist nicht richtig, dass dieser Fall "nur" das Bulongwa Krankenhaus betrifft!

Was allerdings in diesem Fall besonders tragisch ist, ist, dass in Folge der Geschichte mit ziemlicher Sicherheit mehrere 100 HIV/AIDS Kranke und andere Patienten zu Schaden gekommen oder gar gestorben sind! Das stellt für mich als Arzt das eigentliche Problem dar. (Das interessiert aber die Kirche offensichtlich nicht - man hat nie auf Hinweise reagiert und die Schutzbefohlenen im Stich gelassen - HIV/AIDS Advocacy gibt es nur, wenn Kritik nicht die Kirche selbst betrifft und sich damit Spendengelder sammeln lassen).

Die Mission EINE Welt aus Bayern - die unter den Einflussbereich von OKR Martin fällt - das NMZ (Hamburg), die KPS (Sachsen) und viele andere Werke aus Deutschland sind alle im LMC (Lutheran Mission Cooperation/Tansania) vertreten (http://www.lmc.or.tz/members.html#northern), darunter auch der EED (dessen Vorsitzender auch im Beirat von Transparency International sitzt http://www.transparency.de/Beirat.53.0.html).
Im LMC werden am jährlichen "Runden Tisch" mit den Vertretern der ELCT http://www.elct.org/ die Gelder der Werke ("Northern Partners") verteilt und die sogenannten Finanzberichte entgegengenommen.

Im Bericht des LMC von 2006 heißt es auf Seite 199 (siehe dazu auch mein ausführlicher Blog Eintrag vom November 22, 2007 - Faksimile können zur Verfügung gestellt werden und die vollständigen Berichte der letzten Jahre sind bei den Werken sicher sehr einfach auf Anfrage zu erhalten):

"Out of 32 audited financial statements audited (Anm: der verschiedenen Dözesen aus dem ganzen Land) and issued draft or final reports, 16 (50%) received unqualified report and 16 (50%) received qualified report.

Most of the dioceses and Institutions did not include the fixed assets revalued during the year 2003, and those acquired during the year under review hence qualified opinion was issue.
Also some Institutions received qualified opinion because some of the current assets and liabilities were not confirmed due to the absence of audit evidence"


Vor allem die letzten unklaren Sätze lassen noch Schlimmeres vermuten und es nimmt Wunder, dass die Missionsdirektoren und Oberkirchenräte offensichtlich die Berichte des LMC nicht kennen, obwohl ihre Vertreter dort mit Sitz und Stimme und an führender Stelle sitzen (LMC Associate Chairperson ist Pastor Manfred Scheckenbach, Afrikasekretär der Mission EINE Welt/Bayern).

Es ist dazu auch zu sagen, dass es sich hier nur um kircheninterne Buchprüfungen (also keinesfalls unabhängige Prüfungen!) handelt und nur etwa die Hälfte der Projekte und Diözesen überhaupt untersucht wurden. Zum Teil fehlen Finanzberichte seit Jahren und Prüfungen fanden mit jahrelanger Verzögerung statt. Somit sind ungefähr 25% der vorhanden Projekte und Diözesen laut kircheninternen Untersuchungen angeblich in Ordnung und haben einen Prüfungsvermerk erhalten.

Es gibt keine Prüfungen nach internationalen Standards, auch wenn das die Kirche behauptet. Es gibt keine externe Überprüfung. (Ausser für 2003/2004 in Makete/Bulongwa)

Unvollständige und unrichtige Buchführung sind in Deutschland und Tansania strafbare Delikte.

Es ist weiters unwahr, dass alle Zahlungen nach dem Bekanntwerden der kriminellen Finanzgebarung der Diözese, gestopp wurden.
Aus den Töpfen des LMC, in die auch die Mission EINE Welt, die KPS, das NMZ und viele andere Werke aus der ganzen Welt einzahlen, sind auch nach dem (offiziellen!) Bekanntwerden, der Skandale in Makete noch weiter Gelder geflossen. Zum Beispiel für die Anschaffung eines Gelädewagens für den später abgewählten Bischof. (siehe dazu http://www.mbogela.blogspot.com/)

Wie viele Gelder in jene Tansanischen Diözesen geflossen sind, in denen in den letzten Jahren Bischöfe wegen Korruption und Vorwürfen von Kriminalität, abgesetzt wurden, diese Information bleibt OKR Martin schuldig.

Dazu OKR Martin in der FR vom 28. Juni: (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=500256071c7fcc759dcd5d8c2477f551&em_cnt=1358515&em_cnt_page=2):

""Das ist ein Riesenproblem", sagt der Oberkirchenrat der bayerischen Landeskirche. "Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den Spendern." Doch die Korruption sei in der Entwicklungshilfe alltäglich. In den vergangenen Jahren seien in Tansania fünf Bischöfe wegen Misswirtschaft abgewählt worden. "Das gehört zu unserer ständigen Arbeit", so Martin. Für die Kirchenoberen in Afrika sei es "eine Riesenversuchung, wenn sie plötzlich Projektmittel in Millionenhöhe erhalten". Oft würden Summen abgezweigt, um Bekannte zu versorgen."

Zitat ende---------------

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die für Korruptionsfinanzierung und fehlende Rechenschaftslegung zuständigen Missionssekretäre in Europa zurücktreten müssen und die Finanzgebarung auch der kirchlichen Entwicklungshilfe in Europa und Tansania vollkommen offengelegt werden muss und für Diebstähle, Korruption und Spendengeldemisswirtschaft Verantwortliche in Tansania und in anderen Ländern zur Rechenschaft gezogen werden müssen.

4 Comments:

At 12:29 AM , Anonymous Anonymous said...

Das Missionswerk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist Hand in Hand mit Oberkirchenrat Martin bemüht, den Skandal in Tansania klein zu reden. Aus eigener Erfahrung erscheint mir diese Vorgangsweise kein Einzelfall zu sein. So wäre es einmal für Wirtschaftsprüfer sehr aufschlussreich die Finanzen von "Lutheran Shipping" der ELC-PNG in Papua-Neuguinea unter die Lupe zu nehmen...

 
At 6:47 PM , Blogger Rainer Brandl - Corruption, Korruption, Africa, Afrika, Kirche, Church said...

Es wird keine unabhängige Wirtschaftsprüfung geben - wieso auch? Man wird bestenfalls kirchenintern prüfen und erklären, dass alles in Ordnung ist.

 
At 12:18 AM , Anonymous Anonymous said...

Rainer Brandl sagt die Wahrheit, und was er berichtet, ist nicht mehr als die Spitze des Eisberges. Was ihm in Bulongwa passiert ist, habe ich selbst an einem anderen Ort ähnlich erlebt.

Der Mitarbeiter, der Korruption oder Diebstahl aufdeckt, wird von drei Seiten unter Beschuss genommen: Zuerst von Vertretern der korrupten Elite der tansanischen Kirchenleitung, die ihre Beziehungen zu den politisch Verantwortlichen und zur Polizei spielen lassen, um den Mitarbeiter mit massiver Einschüchterung bis hin zu Morddrohungen zum Schweigen zu bringen.
Dann kommen die Vertreter der kirchlichen Werke. Diese unterstellen in Konflikten dieser Art den eigenen Mitarbeitern Unfähigkeit und fehlende Übersicht, die dem Mitarbeiter in Übersee verlohren gehe und über die nur die in Deutschland lebende missionswerkliche Elite verfüge.
Wer einen konkreteten Fall benennt und Beweise vorlegt, bekommt gesagt: "Haben Sie in all den Jahren wirklich noch gar nichts gelernt? Ist das alles, was Sie gelernt haben? Sie kennen doch die tanzanische Mentalität!"
Das Perfide dieser Argumentation ist in meinen Augen, dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich für die armen Afrikaner einsetzen und ihre Stimme für sie erheben, als Menschen diffamieren, die mit der afrikanischen Mentalität nicht zurechtkommen. Ein guter Mitarbeiter und kein Rassist ist der, der über die Untaten der kirchlichen Elite ein Deckmäntelchen legt. Wer sich für die armen Afrikaner, für die Geld gegeben wurde, einsetzt, für die, die ganz unten sind, der hat nichts gescheites in seiner Zeit in Tansania dazugelernt. Der wird als schwieriger Mensch, notorischer Unruhestifter und gar als Rassist schlecht gemmacht. Das Ganze hat ohne Zweifel System. Die Armen in Deutschland spenden für die Armen in Afrika, aber das Geld erreicht die reichen Afrikaner. Und die kirchlichen Werke geben dazu ihr "und das ist gut so!" Der Ruf nach controlling wird als konolialistisch abgetan. Übrigens: Wer ist den tatsächlich der Rassist: Der, der Korruption und Diebstahl deckt, weil das zur afrikanischen Kultur gehört oder der, der sich für die Afrikaner einsetzt, die unter Korruption leiden und gleiche Maßstäbe für alle fordert?
Die dritte Gruppe von Menschen, die einem davon abraten, seine Erfahrungen zu veröffentlichen, sind gute Freunde, die sagen: Ich weiß, hier geschieht viel Unrecht, du hast Recht, aber schweig um der Leute willen, die durch deinen Bericht keine Hilfe mehr bekommen werden, weil dann kaum noch einer etwas spenden wird. Kannst du das verantworten? Ein Teil des Geldes, und wenn es nur dreißig Prozent sind, kommt ja vielleicht doch an!

 
At 12:18 AM , Anonymous Anonymous said...

Rainer Brandl sagt die Wahrheit, und was er berichtet, ist nicht mehr als die Spitze des Eisberges. Was ihm in Bulongwa passiert ist, habe ich selbst an einem anderen Ort ähnlich erlebt.

Der Mitarbeiter, der Korruption oder Diebstahl aufdeckt, wird von drei Seiten unter Beschuss genommen: Zuerst von Vertretern der korrupten Elite der tansanischen Kirchenleitung, die ihre Beziehungen zu den politisch Verantwortlichen und zur Polizei spielen lassen, um den Mitarbeiter mit massiver Einschüchterung bis hin zu Morddrohungen zum Schweigen zu bringen.
Dann kommen die Vertreter der kirchlichen Werke. Diese unterstellen in Konflikten dieser Art den eigenen Mitarbeitern Unfähigkeit und fehlende Übersicht, die dem Mitarbeiter in Übersee verlohren gehe und über die nur die in Deutschland lebende missionswerkliche Elite verfüge.
Wer einen konkreteten Fall benennt und Beweise vorlegt, bekommt gesagt: "Haben Sie in all den Jahren wirklich noch gar nichts gelernt? Ist das alles, was Sie gelernt haben? Sie kennen doch die tanzanische Mentalität!"
Das Perfide dieser Argumentation ist in meinen Augen, dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich für die armen Afrikaner einsetzen und ihre Stimme für sie erheben, als Menschen diffamieren, die mit der afrikanischen Mentalität nicht zurechtkommen. Ein guter Mitarbeiter und kein Rassist ist der, der über die Untaten der kirchlichen Elite ein Deckmäntelchen legt. Wer sich für die armen Afrikaner, für die Geld gegeben wurde, einsetzt, für die, die ganz unten sind, der hat nichts gescheites in seiner Zeit in Tansania dazugelernt. Der wird als schwieriger Mensch, notorischer Unruhestifter und gar als Rassist schlecht gemmacht. Das Ganze hat ohne Zweifel System. Die Armen in Deutschland spenden für die Armen in Afrika, aber das Geld erreicht die reichen Afrikaner. Und die kirchlichen Werke geben dazu ihr "und das ist gut so!" Der Ruf nach controlling wird als konolialistisch abgetan. Übrigens: Wer ist den tatsächlich der Rassist: Der, der Korruption und Diebstahl deckt, weil das zur afrikanischen Kultur gehört oder der, der sich für die Afrikaner einsetzt, die unter Korruption leiden und gleiche Maßstäbe für alle fordert?
Die dritte Gruppe von Menschen, die einem davon abraten, seine Erfahrungen zu veröffentlichen, sind gute Freunde, die sagen: Ich weiß, hier geschieht viel Unrecht, du hast Recht, aber schweig um der Leute willen, die durch deinen Bericht keine Hilfe mehr bekommen werden, weil dann kaum noch einer etwas spenden wird. Kannst du das verantworten? Ein Teil des Geldes, und wenn es nur dreißig Prozent sind, kommt ja vielleicht doch an!

 

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